Willkommen >> Buchkritiken >> NachTitel

Review: Wächter des Tages

Wächter des Tages
 
Autor: Sergej Lukianenko
Jahr:
ISBN:3453532007 (dt.)
no starno starno starno starno starstarstar

Wertung 5 von 7 Konsequente Fortsetzung der Wächter Reihe, besser als Teil 1.


Die in Russland sehr populäre Wächter Reihe findet mit Wächter des Tages ihre Fortsetzung. Wie bereits der Vorgänger Wächter der Nacht besteht auch dieses Buch aus 3 Novellen, die lose miteinander verbunden sind. Diesmal werden die Ereignisse aus der Sicht der Tageswache, den Dunklen, erzählt.

In der ersten Geschichte steht die Hexe Alissa im Mittelpunkt. Sie hat bei einer Aktion der Wache fast ihre gesamten Kräfte verlorgen und wird zum Aufladen in ein Ferienlager geschickt. Ganz so erholsam wie gedacht ist dieser Aufenthalt nicht... Sergej Lukianenko nutzt die Gelegenheit, um die Unterschiede zwischen den Lichten und den Dunklen herauszuarbeiten. Herausgekommen ist eine tragisch-schöne Romanze, die mir sehr gut gefallen hat. Überzeugt haben mich vor allem die Motive der Dunklen. Für sie steht die persönliche Freiheit ganz oben, es gibt keinerlei bindende Verpflichtungen. Durch die besondere Macht, die ihnen zur Verfügung steht, können sie diese Freiheit natürlich jederzeit durchsetzen und einen Rückfall in pure Anarchie, wo das Recht des Stärkeren zählt, verhindern. Dieser kleine Trick des Autors macht die dunkle Seite weniger dunkel und verwischt die Grenzen.

Die zweite Geschichte benutzt ein ausgelutschtes Thema: der Ich-Erzähler Witali hat sein Gedächtnis verloren und kommt mit viel Geld in Moskau an. Eine innere Stimme bestimmt sein Schicksal und lenkt ihm zu bestimmten Orten oder souffliert Antworten. Neben den offensichtlichen Fragen ("Wer bin ich? Was soll ich hier?") spielt er ungewollt eine entscheidende Rolle dabei, den Konflikt zwischen der Tag- und der Nachtwache zuzuspitzen - mit einem überraschenden Ende. Durch diese Ereignisse erahnt man, was für eine Macht das Zwielicht selbst besitzt und den Anderen gibt. Der einzige Kritikpunkt für mich ist die Rolle von Sebulon, den mächtigsten der Dunklen in Moskau. Er kann mit seinem Gegenüber auf Seiten der Lichten, Geser, nicht mithalten. Vereitelte Pläne wandeln sich in Triumphe, die sich wiederum als vereitelte Pläne entpuppen. Abgesehen davon aber ist die Geschichte hervorragend erzählt mit einem guten Gespür für Action.

Die letzte Geschichte verbindet die beiden vorherigen Teile. Ein geheimnisvolles Artefakt ist aus dem Büro der Inquisation gestohlen worden und könnte bei einem Einsatz für verherrende Fogen sorgen. Steckt Sebulon dahinter? Diesmal erleben wir die Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln. Zum einen sind Anton und Igor von den Guten dabei. Sie versuchen die Puzzleteile zusammenzufügen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Auf der anderen Seite haben wir Edgar, dem Stellvertreter von Sebulon. Ihm kommen Zweifel an seinen kometenhaften Aufstieg in der Tagwache und sucht ebenfalls nach dem tieferen Sinn der Ereignisse... Sergej Lukianenko wechselt in der letzten Geschichte mehrfach die Erzählperspektive und versucht weiterhin, die unterschiedlichen Ansichten der Dunklen und der Lichten zu erklären. Dieser Ansatz ist zu Beginn ermüdend. Es werden die immer gleichen Argumente durchgekaut mit einem klaren Sieg nach Punkten für die Lichten. Schade, die Ansichten der Dunklen haben mir weitaus besser gefallen. Außerdem wundert mich weiterhin die Unversöhnlichkeit zwischen Lichten und Dunklen, in der es keinerlei Spielraum zu geben scheint. Nach diesem schwachen Beginn nimmt die Geschichte aber Fahrt auf mit einem Finale, dass etwas anders ausgeht als der Leser erwartet hat. Die Personen handeln durchgehend konsequent und logisch, mit Ausnahme von Sebulon, den ich einfach nicht durchschauen kann. Fortsetzung folgt in Wächter des Zwielichts.

Wächter des Tages hat mir besser gefallen als der Vorgänger. Die Handlungen sind logischer, die Personen sympatischer und die Ereignisse dramatischer. Vereinzelt schwafelt Sergej Lukianenko zuviel, er lässt seine Akteure nicht durch ihre Taten sprechen sondern erklärt sie ausführlich. Das wäre gar nicht nötig gewesen, stört glücklicherweise aber nur selten. Eine klare Leseempfehlung!

Januar 2008

<< | Kritiken chronologisch | >>

Seite zuletzt geändert am 27.May 2008, um 08:16